Auch wenn bereits das erste Schneetreiben beginnt und man anhand des Glühweinduftes erahnt, dass es wieder Weihnachtsmärkte gibt, würde ich gern von meinem letzten Herbstspaziergang in Neukölln berichten. Auch wenn ich nicht so oft in diesem Bezirk bin, habe ich dort meine Lieblingsecken – welche, die man nicht unbedingt gleich dort vermutet. So habe ich kürzlich wieder einmal meinen Lieblingsgarten für einen Spaziergang besucht. Doch dieser Garten ist nicht einfach nur ein Garten, denn ihm liegt ein interessantes Konzept zugrunde.
Versteckt in einer ruhigen Nebenstraße und auf dem Weg in das Böhmische Dorf in Neukölln befindet sich der nach dem mährischen Philosophen und Pädagogen Johann Amos Comenius benannte Comenius Garten: Eine kleine Oase mit allen gartengestalterischen Elementen, die inmitten des Neuköllner Trubels zum Verweilen einlädt. Kirsch- und Apfelbäume, Wildblumen, Wiesen, ein Teich sowie eine gemütliche Laube prägen hier das Bild der Parkanlage. Bisher kam ich immer über den Eingang in der Richardstraße durch einen Zaun auf das überschaubare Areal. Von dort aus führt ein großer Hauptweg – u.a. vorbei an dem Comeniusdenkmal und einer runden, hölzernen Plattform – über das Gelände.
Augenscheinlich entspricht der Garten einer ganz normalen Parkanlage. Was man jedoch erst durch zusätzliche Informationen oder Führungen erfährt, ist, dass der Garten eine wissenschaftshistorische Rekonstruktion des Werkes Comenius‘ ist. Dies äußert sich in dem bewusst angelegten „Lebensweg“ eines Menschen, der sich durch den gesamten Garten zieht. Dabei wird das Leben eines Menschen als Aneinanderreihung von Schulen verstanden. So steht zum Beispiel der Walnussbaum am eigentlichen Eingang am Ende des Richardplatzes symbolisch für die Schule des vorgeburtlichen Werdens. Weitere prägende Symbole sind die Mutterschul und Lateinschul sowie der Wiesenteppich, Irrgarten, Arzneigärtlein und Seelenparadies. Auch die umliegende Infrastruktur, wie Schule, Kindergarten, Senioreneinrichtung, das Böhmische Dorf und der Friedhof sind in den „Lebensweg“ integriert. Insgesamt soll so ein Raum des Lernens, Bildens, des Spielens und Erholens geschaffen werden. Weitere Infos gibt es hier
In erster Linie bedeutet der Comenius Garten für mich jedoch Verschnaufen und temporäres Entkommen des lebendigen Neuköllns. Seine gestalterische Vielfalt bietet dafür mehr als nur einen Rückzugsort. Am besten gefällt mir die kleine Laube, auch „Seelenparadies“ genannt, in die man sich setzen und die Umgebung genießen kann. Vielleicht ein Buch lesen, einen Plausch mit Bekannten halten oder einfach nur die Ruhe genießen. Vereinzelt ziehen andere Spaziergänger vorbei, aber der große Besucheransturm bleibt aus. Insgesamt bietet das Areal rund um das Böhmisch-Rixdorf eher ruhige Ecken und Wege, die sich bestens für Spaziergänge, auch für Winterspaziergänge, eignen.
Comenius Garten
Richardstraße 35
12043 Berlin
S+U Neukölln
U Rathaus Neukölln
S Sonnenallee