Vor einer Weile unterhielt ich mich mit jemandem über sein Haus und wie schön es ist, einen eigenen Garten zu haben. Stimmt, wer hätte das nicht gern. Ich als Berlinerin genieße jedoch den Vorteil, dass die Stadt mehr als genug Parks und Grünflächen zu bieten hat, in die man vom Stress und Trubel flüchten kann. Und das tun die Berliner; jetzt im Sommer gibt es kaum ein grünes Fleckchen, das nicht besetzt ist. Ich jedoch habe kürzlich einen neuen Rückzugsort entdeckt, der noch nicht völlig übervölkert ist.
An der Grenze zwischen Moabit, Mitte und Wedding befindet sich der Nordhafen, dessen grüne Uferwege erst dieses Jahr neu gestaltet wurden. Das Ergebnis ist ein Ort, an dem man sich erholen, aber auch vieles entdecken kann. Von der stark befahrenen Fennbrücke aus, die eine der Hauptverbindungen von Moabit und Wedding darstellt, kam ich in das etwas tiefer gelegene Parkgelände und tauchte direkt in eine Ruheoase ein. Vor mir öffnete sich die glitzernde Wasseroberfläche des alten Hafenbeckens. An einem kleinen Aussichtspunkt laden Bänke zum Verweilen ein. Von hier aus hat man einen super Blick aufs Wasser. Wer mag, kann danach auf den frisch asphaltierten, kurvigen Wegen einen Spaziergang am Ufer entlang machen. Und genau das tat ich. Hier und da lugen alte, rostige Metallelemente aus dem Grün hervor – Geländer, Emporen, Flächen, auf denen früher die Hafenkräne standen. Ein altes, zerfallenes Fabrikgebäude auf der gegenüberliegenden Uferseite füllte sich wieder mit Leben, als ich mir vorstellte, wie emsig es wohl Anfang des 20. Jahrhunderts hier noch zuging.
Doch zurück in der Gegenwart kam ich als nächstes an einem Wehr vorbei: die Pankemündung. Die Umgebung des Wehrs erinnerte mich ein bisschen an ein Amphitheater, denn auf der einen Seite führten vor dem Hintergrund eines alten Backsteingebäudes großzügige Stufen hinab zum Ufer. Die rechte Uferseite war da etwas simpler gestaltet. Fasziniert haben mich hier mehrere moderne Loftwohnungen. Ein starker Gegensatz. Die Glücklichen, die in dieser kontrastreichen Lage wohnen dürfen.
Ich ging über die Brücke, und weiter die lange Promenade entlang. Einen anderen Kontrast, wenn man den geschichtlichen Aspekt in moderner Kulisse betrachtet, fand ich weiter südlich, kurz vor dem Invalidenfriedhof: Nahe der Kieler Straße befindet sich die Gedenkstätte „Günter Litfin“, ein alter Wachturm der Berliner Mauer. Ich musste zweimal hinschauen, um zu erkennen, dass am Fenster des Turms kein echter Grenzsoldat der DDR stand – sondern nur symbolisch eine Puppe in Uniform aufgestellt wurde.
Zuletzt erreichte ich den Invalidenfriedhof, bevor ich den Weg zurück antrat. Wie alle Friedhöfe hat auch dieser eine faszinierende Schönheit. Geschichtsträchtig zum einen – und deshalb sehr gepflegt – und still zum anderen. Eine gewisse Grundstille bringt zwar jeder Friedhof mit sich, aber im Gegensatz zu anderen berühmten und bedeutungsvollen Friedhöfen in Berlin hält sich hier der starke Besucherandrang zurück.
Auch wenn der neu gestaltete, alte Nordhafen und Umgebung sehr geschichtsgeladen ist – und ich dadurch viel entdeckt habe – ist dies für mich ein neuer Naherholungsort zum Entspannen, der zudem sehr zentral liegt. Geht man übrigens das Ufer nach dem Invalidenfriedhof weiter entlang, kommt man am berühmten Museum „Hamburger Bahnhof“ raus.
Verkehrsanbindungen:
M27 Am Nordhafen
141 Fennbrücke oder
U6 Reinickendorfer Straße