Ein gänzlich unerwarteter Raum der Stille erschließt sich momentan – und noch bis zum 3. Mai – den Besuchern des Rathauses Tempelhof. Zwischen den Büros der Mitarbeiter des Hoch- und Tiefbauamtes sind in der Galerie im Erweiterungsbau des historischen Rathauses Kunstwerke von Künstlerinnen des Berliner Frauenmuseums zu besichtigen.
Auf dem Weg zum Bauamtsdezernenten trifft man hier am Ende des Ganges auf eine Wandskulptur aus Ton von Rachel Kohn. Sie zeigt zwei miteinander verbundene Hähne aus dem Zyklus „Relikte“. Diese seltsam anmutende Form scheint weder eine Funktion zu haben noch einen Sinn zu machen. Doch so, wie sie dort hängt, gibt sie einen ironischen Kommentar zu der nüchternen Umgebung ab, in der sie ausgestellt ist. Die witzreiche Skulptur behauptet sich nicht nur in diesem Raum, sie beherrscht ihn beinahe („Hängender Hahn2, 2013).
Annette Rochs Papierarbeiten schräg gegenüber sind in ihrer Wirkung nicht weniger stark. Trotz ihrer sehr beengten Platzierung im schmalen Gang schaffen es „Verloren“ (2013) und „Kammerflimmern“ (2006) den Raum künstlerisch aufzuladen, ohne dabei prätentiös zu wirken. „Verloren“ (Abbildung), ein filigranes schwarzes Gebilde aus 25 Schichten Papier, schwebt als superleichtes Relief so schön wie bedrohlich an der Wand.
„Unliniert“ heißt der Titel der Gruppenausstellung, in der neben Rachel Kohn und Annette Roch 16 weitere Künstlerinnen des Netzwerkes Frauenmuseum Berlin ihre jüngsten Werke ausstellen. Es geht um Räume und darum, wie man sie nutzt und dabei größtmögliche Freiräume schafft.
Das Frauenmuseum Berlin, ein Museum ohne festen Raum, begreift diesen vermeintlichen Nachteil, ganz programmatisch, jedoch als großen Vorteil: Es stellt die Werke seiner Mitglieder seit 2007 in jeweils unterschiedlichen kommunalen Räumen aus – und erreicht so im Idealfall eine Öffentlichkeit, die sonst vielleicht eher selten mit Kunst in Berührung kommt. Im Rathaus Tempelhof darf man diesen Ansatz als gelungen bezeichnen. Bestimmt wird noch so mancher Besucher des Bauamtes für einen Moment erstaunt innehalten – und sich von der Kunst berühren und aus dem Alltag entführen lassen.
Galerie im Rathaus Tempelhof
Tempelhofer Damm 165
12099 Berlin
noch bis zum 3. Mai 2013, nach Ostern wieder Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr
Eintritt frei
U-Bahn U6 Alt-Tempelhof, Bus 184
29. März 2013 um 22:19
Sehr schön Nicole, das hat Lust gemacht, da werde ich wohl die nächsten Tage meine Schritte wieder mal nach Tempelhof richten und Selbst mal innehalten.
30. März 2013 um 09:56
Dir ein frohes Osterfest, morgen viele bunte Ostereier und viel Spaß beim Besuch der Ausstellung!